Voyage, Voyage

17. Mai – 9. Dezember 2023

Die Reise gehört zu den klassischen Themen in Kunst und Literatur. Die ‚Grand Tour‘ als Bildungsreise des Adels im 18. Jahrhundert stellt für die Seite des Betrachters einen Mosaikstein im Streben nach Erkenntnis dar, einen Versuch, die Welt besser zu verstehen, indem man über den eigenen Horizont hinausblickt.

In der Antike war der Himmel, die „Sphaira“ der Anfang allen wissenschaftlichen Denkens: Modellhaft wurde versucht, Planeten und Fixsterne so anzuordnen, wie ihr Verlauf aus der Sicht der Erde wahrzunehmen ist, um so die göttliche Ordnung besser zu begreifen. Heute schickt Jeff Koons Kunstwerke in den Weltraum, um mit seinen NFT-Projekt ‚Moon Phases‘ Grenzen zu erweitern und den Kosmos zu erobern.

Patrick Tosani geht einen anderen Weg, indem er in seiner Fotoserie ‚Planeten‘ auf experimentelle und poetische Weise den Weltraum auslotet. Seine suggestiven Bilder mit Himmelskörpern, im Atelier mit künstlichen Planeten unter vermeintlichem Sternenlicht arrangierte Szenerien, erzählen vom kollektiven Unterbewusstsein, von unseren verinnerlichten Vorstellungen vom Weltraum, seiner Faszination und Mystifizierung.

Der Künstler bezieht sich dabei auf Jules Verne, der in seinem Science Fiction-Roman De la terre à la lune von 1865 die Mondfahrt um mehr als 100 Jahre vorwegnahm. Die damals bekannten Einzelheiten zur Topografie des Mondes, seinen Bergen, Tälern und Kratern studieren Jules Vernes Reisende im Roman „begierig“.

Bis heute sensibilisieren reisende KünstlerInnen ihre Wahrnehmung und schärfen ihren Blick auf die Welt und die eigene Existenz. Ein oftmals zeitlich begrenzter Orts- bzw. Landeswechsel birgt ein erstaunliches Potential für Perspektivwechsel.

Anna Kerstin Ottos Übermalungen vermitteln eindringlich ihre während einer Studienreise durch die USA gesammelten Eindrücke und thematisieren in ihrer Vielschichtigkeit das Prozesshafte der Wahrnehmung und der daraus resultierenden Neuorientierung. Dirk Krecker fügt in seine Bildfindungen Flugzeuge als zivilisatorisches Element ein und thematisiert die Entfremdung von Natur und Technik.

Merlin Kratky erkundet mit seinen farbig-geometrischen Interventionen urbane Räume. Er fordert die Wahrnehmung der Passantinnen mit seinen farbigen Flächen heraus, indem ihre Funktion im öffentlichen Raum rätselhaft bleibt, wie hier in Rom an der Via Angelo Brunetti.

Ulrich Schwarz‘ Fotoserie zur Museumsinsel führt die Wahrnehmung des Betrachters mit einer Abfolge von Blickwinkeln an den Gebäuden der Museumsinsel entlang und eröffnet damit eine neue sukzessive Raumerfahrung. Eine verlassene Einkaufspassage in Sofia, die Martin Kasper auf seiner Reise in die bulgarische Hauptstadt entdeckte, setzt der Künstler mit einem wehenden Stoff malerisch in Szene. Er fängt so stimmungsvoll die Atmosphäre eines dem Betrachter nicht bekannten Ortes ein und weckt Neugier auf das Unbekannte.

In den Fotoarbeiten von Mona Breede mündet die Auseinandersetzung mit der Architektur und Lebensvielfalt amerikanischer Metropolen zu narrativen Bildern, die Einblicke in urbane Lebenswelten gewähren und dabei stets die Distanz des Beobachters wahren.